Welche Rolle kann und sollte KI in digitalen Beteiligungsprozessen spielen? Diese und andere Fragen diskutierte eine Arbeitsgemeinschaft (AG) aus DIID-Wissenschaftler:innen und Beteiligungspraktiker:innen vom 8. bis 10. Februar 2023 am CAIS in Bochum.
Bereits im vergangenen Jahr hatten die DIID-Mitglieder Dr. Dennis Frieß und Anke Stoll einen Antrag auf Förderung einer AG am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum gestellt und sich in einem kompetitiven Auswahlprozess durchgesetzt. Vom 8. bis 10. Februar traf sich die AG, bestehend aus sechs KI-Forscher:innen des DIID und fünf Beteiligungspraktiker:innen, um sich rund um das Thema KI in Beteiligungsprozessen auszutauschen.
Wie und an welcher Stelle im Beteiligungsprozess können KI-basierte Instrumente digitale Öffentlichkeitsbeteiligung unterstützen? Kann KI Beteiligung potenziell inklusiver, übersichtlicher und sachlicher gestalten? Welche Risiken sind damit verbunden und ist KI im Kontext demokratischer Politikherstellung überhaupt vermittelbar (gegenüber der Politik, aber auch der angesprochenen Öffentlichkeit)? Welche Erfahrungen existieren in der Praxis mit KI-Anwendungen und wie können diese wissenschaftlich evaluiert werden? Diese und andere Fragen standen auf dem Programm.
Die als Workshop organisierte AG startete mit einer Fokusgruppe, in der es darum ging von der Praxis zu erfahren, wozu KI an welcher Stelle des Beteiligungsprozesses eingesetzt werden kann und sollte. Zudem wurden verschiedene KI-Interventionen diskutiert und priorisiert. Eine wichtige Erkenntnis bestand darin, dass auch die Frage danach, wer KI einsetzt, nicht zu vernachlässigen ist. Mindestens drei Anspruchsgruppen sind hier relevant: die Nutzenden, die Durchführenden (etwa Moderator:innen oder Dienstleister) und die Auftraggebenden (etwa Verwaltungen oder Vereine).
Tag zwei stand im Zeichen der Wissenschaft. Hier präsentierten KI-Forscher:innen des DIID drei Projekte mit KI-Bezug. Den Anfang machte das UPEKI-Projekt, welches über KI die deliberative Qualität von Beteiligungsdiskursen verbessern möchte. Im sogenannten KOSMO-Projekt, welches sich vor allem mit der automatisierten Detektion qualitativ minder- und hochwertigen Diskussionsbeiträgen befasst, ging es um KI-gestützte kollektiv-soziale Moderation von Online-Diskursen. Tobias Escher und Julia Romberger gaben schließlich noch Einblicke in ihre Forschung aus dem CIMT-Projekt – Citizen Involvement in Mobility Transitions. Hier lag der Fokus auf der automatisierten Auswertung großer Textmengen, die in Beteiligungsprozessen anfallen. Neben dem Input aus der Wissenschaft stand vor allem das Feedback und die Frage nach der praktischen Relevanz der verschiedenen Projekte im Mittelpunkt.
In drei moderierten Diskussionsrunden ging es schließlich darum, nochmals systematisch die Bedarfe von KI zu erfassen, Chancen und Risiken zu antizipieren und auch normative Leitlinien für den Einsatz von KI in Beteiligungsprozessen zu diskutieren. Die Erkenntnisse der AG sollen in den kommenden Monaten nochmals systematisiert und schließlich auch publiziert werden. Bereits jetzt hat sich jedoch gezeigt, dass der über die AG stimulierte Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis, insbesondere für anwendungsorientierte Forschung, von unschätzbarem Wert ist.
Die Organisator:innen und Forschenden bedanken sich daher vor allem bei den DIID-Kooperationspartnern Liquid Democracy, Polidia und Zebralog sowie ifok (kein Kooperationspartner), die sich die Zeit genommen hatten nach Bochum zu reisen. Wir hoffen, dass dieser Austausch fortbesteht. Dem CAIS danken wir an dieser Stelle herzlich für die großzügige Förderung und die Bereitstellung eines produktiven Raums.
Ansprechpartner
Dr. Dennis Frieß (Koordinator)
DIID-Team, Kommunikationswissenschaft, Vorstand
Dr. Dennis Frieß ist Koordinator des DIID. Seit Mai 2019 war er Koordinator des NRW-Forschungskollegs Online-Partizipation. Von 2014 bis 2019 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft III an der HHU-Düsseldorf sowie Mitarbeiter am DIID. Er studierte Sozialwissenschaften, Rechtswissenschaften und Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt (B.A.) und Politische Kommunikation in Düsseldorf (M.A.). In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit der Analyse deliberativer Online-Öffentlichkeiten. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der politischen (Online-)Kommunikation, Online-Deliberation und Online-Partizipation.
Am DIID gilt sein Interesse vor allem onlinegestützten Deliberationsprozessen und den demokratierelevanten Erwartungen, die mit Online-Partizipationsangeboten verknüpft sind.