Am 13.10.2022 fand die Podiumsdiskussion zum Thema „Gestalten Bürger:innen die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit?” statt. Thematisch schloss sie an die Partizipationsprojekte #meinfernsehen2021 und den ARD-Zukunftsdialog an.
Im Haus der Universität diskutierten Prof. Dr. Christiane Eilders (DIID-Sprecherin und Professorin für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität), Dr. Frauke Gerlach (Direktorin des Grimme-Instituts), Prof. Dr. Christoph Bieber (Professor für Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft an der Uni Duisburg-Essen) und Ingmar Cario (stellvertretender Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung beim WDR) zusammen mit der Moderatorin Bettina Fruchtmann über Ergebnisse der Projekte und aktuelle Entwicklungen in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Als aktueller Aufhänger wurde zunächst der Skandal um die ehemalige rbb-Intendantin und dessen Konsequenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk besprochen. Ursachen seien dabei vor allem intransparente Entscheidungs- und Kontrollstrukturen der Gremien. Ebenfalls wurde der Einfluss der Pandemie auf Nutzungsroutinen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert, vor allem in Bezug auf das gesteigerte Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger.
Die aktuellen Ereignisse unterstreichen die Relevanz der Ergebnisse des Partizipationsprojektes #meinfernsehen2021. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunk impliziere nämlich die zentrale, aber schwierige Aufgabe, die gesamte Breite der Bevölkerung mit seinen Programmangeboten zu erreichen. Dies sei vor allem aufgrund von zwei Faktoren schwierig: Zum einen variieren der individuelle Bedarf und persönliche Präferenzen sehr stark, wodurch die Konzeption eines einheitlichen Programms erschwert wird. Zum anderen können diese individuellen Wünsche nur schwer erfasst werden, da der Diskurs über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk häufig ausschließlich in Expertenkreisen geführt wird. Genau hier setzen partizipative Formate wie #meinfernsehen2021 oder der ARD-Zukunftsdialog an.
Insgesamt konnten Christiane Eilders und Frauke Gerlach einen „konstruktiven Veränderungswillen” unter den Partizipierenden der Online-Beteiligung von #meinfernsehen2021 feststellen. Die Herausforderung bestehe darin, über punktuelle Beteiligungsprojekte hinaus Formate zu entwickeln, die durch Bürgerbeteiligung bereichert werden und die zu einem andauernden Dialog beitragen können. Mögliche Ideen waren die Konvergenz von Medienumgebungen oder auch eine gemeinschaftliche Inhaltsproduktion durch Partizipation des Publikums. Dabei solle Partizipation als Dialog verstanden werden, der auf Resonanz und Antworten angewiesen ist; nicht nur im digitalen, sondern auch im analogen Kontext (z.B. durch Bürgerräte oder punktuelle Dialoge). Auch hierbei sei die Kommunikation über diese Räume an die Bürger:innen ein entscheidender Faktor, um die öffentlich-rechtlichen Strukturen transparenter zu gestalten.
Aufgrund dieser Implikationen wurden daraufhin konkrete Maßnahmen und Konsequenzen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk besprochen. Beispiele für Inputs aus der Bürgerbeteiligung, die schon umgesetzt wurden, sind einerseits programmatische Veränderungen wie z.B. ein Schwerpunkt auf Themen der Nachhaltigkeit bei der „Sendung mit der Maus” und die Abbildung von Vielfalt durch vermehrte Perspektiven aus ländlichen Räumen durch „mittendrin”-Reportagen in den Tagesthemen. Andererseits die Erweiterung etablierter Formate um ein ausgewogenes Meinungsbild, beispielsweise durch die Einbeziehung von Für- und Gegenmeinungen in Nachrichtenformaten.
Im Anschluss an die Diskussion unter den Podiumsgästen war das Publikum dazu eingeladen, Fragen zu stellen. Unter anderem wurde die Rolle von Künstlicher Intelligenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Relevanz des öffentlich-rechtlichen Hörfunks, die zunehmende thematische Ausdifferenzierung der öffentlich-rechtlichen Sender und die damit verbundene Auslagerung von Bildungsinhalten aus dem Hauptprogramm sowie die Funktion von Politmagazinen in digitalen Umgebungen thematisiert. Wir bedanken uns bei unseren Podiumsgästen sowie beim Publikum für die angeregte und aufschlussreiche Diskussion!
Ansprechpartnerin
Prof. Dr. Christiane Eilders
Kommunikationswissenschaft
Prof. Dr. Christiane Eilders ist seit 2011 Professorin für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der HHU-Düsseldorf. Seit Oktober 2023 ist sie Direktorin des des Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum. Zuvor war sie vier Jahre Sprecherin des DIID. Von 2011 bis 2019 war sie Mitglied der DFG-Forschergruppe „Politische Kommunikation in der Online-Welt“. In Forschung und Lehre befasst sie sich mit öffentlichen Diskursen und öffentlicher Meinungsbildung und untersucht die Rolle von etablierten Massenmedien und Online-Kommunikation in diesem Prozess.
Im Rahmen des DIID gilt ihr Interesse der deliberativen Qualität und den Verlaufsformen von Online-Diskursen im Rahmen politischer Beteiligungsverfahren.