Unter dem Titel „Jenseits von Löschen und Blockieren – Moderationsstrategien zur Förderung konstruktiver Online-Diskussionen“ war das DIID am 23.11.2022 mit einer Podiumsdiskussion auf dem D³-Kongress vertreten.
Dabei handelt es sich mittlerweile um den dritten Kongress zur digitalen Demokratie, welcher gemeinsam von der Allianz Vielfältige Demokratie, der Stiftung Zukunft Berlin und dem Berlin Institut für Partizipation veranstaltet wurde. Organisiert haben das Panel Jonathan Seim und Lena Wilms. Lena Wilms übernahm zudem die Moderation der Diskussion und durfte Sarah Fröhlingsdorf (Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung), Dominique Heinbach (DIID) und Marie-Kathrin Siemer (Liquid Democracy e.V.) auf dem Podium begrüßen. Zusammen widmete man sich der Frage, wie Moderation zum Gelingen von internetgestützten Bürger:innenbeteiligungsverfahren beitragen kann.
Im Fokus der politischen Diskussion zur Moderation von Online-Diskursen stehen oftmals die rechtlichen Pflichten von Plattformbetreibern, beispielsweise zur Entfernung strafrechtlich relevanter Inhalte. Das Panel eröffnete in Hinblick auf Ziel und Mittel von Online-Moderation zwei darüberhinausgehende Perspektiven. Erstens kann und sollte die Zielsetzung der Moderation nicht auf die Vermeidung strafrechtlich relevanter Inhalte beschränkt sein, sondern auch die Förderung der Qualität von Online-Diskussionen umfassen. Beispielsweise lassen sich Qualitätskriterien wie Rationalität, Reziprozität und Zivilität demokratietheoretisch begründen. Zweitens beschränkt sich das Instrumentarium von Moderation nicht auf das reaktive Löschen problematischer Inhalte, sondern umfasst auch die pro- und interaktive Moderation. So kann die Moderation beispielsweise gegenseitige Bezugnahmen der Diskursteilnehmenden durch Anerkennung unterstützen und inzivilen Umgang durch Ermahnung und Verweis auf die Netiquette regulieren. Diskutiert wurden die Möglichkeiten aus sozialwissenschaftlicher, rechtstheoretischer, technischer und praktischer Perspektive.
Die ca. 50 im Plenum des Online-Meetings anwesenden Personen beteiligten sich rege an der anschließenden Q&A-Runde. Auf besonderes Interesse stießen hierbei insbesondere die Fragen, inwiefern sich Moderation neutral verhalten muss bzw. kann und ob ein Neutralitätsgebot nicht andere Anforderungen an die Moderation, wie beispielsweise die inklusive Gestaltung des Diskurses, unterminieren würde. Auch die Möglichkeiten interaktiver Moderation wurden gerade vor dem Hintergrund der geringeren Interventionsintensität etwa im Vergleich zum Löschen von Beiträgen mit Interesse diskutiert.
Alles in allem war die Veranstaltung, welche ein breites Interesse an der Arbeit des DIID bezeugte, ein voller Erfolg und auch im nächsten Jahr wird das DIID beim D³-Kongress vor Ort sein.
Ansprechpartner
Privat: Jonathan Seim
DIID-Team, Philosophie
Jonathan Seim ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIID für die Koordination des Instituts zuständig. Zudem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt Digitale Ethik am Center for Advanced Internet Studies (CAIS). Seine Stelle wird aus Projektmitteln der Stiftung Mercator finanziert. Zuvor hat er Politikwissenschaften und Philosophie an der HHU-Düsseldorf und an der University of the West of Scotland studiert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Moralphilosophie und der politischen Philosophie, insbesondere der Demokratietheorie. Seine Dissertation im Fach Philosophie beschäftigt sich mit demokratischen Teilhaberechten bei Bürgerbeteiligungsverfahren. Auch wenn eine korrekte Verteilung von Teilhaberechten für die Legitimität der Verfahren von fundamentaler Bedeutung ist, wird diese Frage weder in Politik noch in Wissenschaft ausreichend thematisiert. Ziel des Dissertationsprojektes ist die Erarbeitung von Kriterien zur Vergabe von Partizipationsrechten bei konsultativen Bürgerbeteiligungsverfahren und von praktischen Handlungsempfehlungen.
Im Rahmen des DIID gilt sein Interesse den Legitimitätsbedingungen von Online-Partizipation.