Das NRW-Forschungskolleg Online-Partizipation ist Geschichte. Von 2014 bis 2023 forschten über 20 Doktorandinnen und Doktoranden an dem Graduiertenkolleg zum Thema Online-Partizipation. Ohne das Kolleg wäre das DIID nicht denkbar gewesen. Ein kurzer Rückblick:
Das NRW-Forschungskolleg Online-Partizipation war ein vom Land Nordrhein-Westfalen gefördertes Graduiertenkolleg, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Betriebswirtschaft, Informatik, Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Computerlinguistik und Soziologie gemeinsam mit Partnern aus der Praxis zusammenarbeiteten. Ziel des Forschungskollegs war es, die Möglichkeiten des Internets zur Beteiligung von Betroffenen an für sie relevanten Entscheidungen zu untersuchen. Die leitende Fragestellung des Forschungskollegs lautete:
„Wie und unter welchen Bedingungen kann das Potential von Online-Partizipation auf kommunaler Ebene systematisch entwickelt, praktisch genutzt und wissenschaftlich evaluiert werden?“
Das Forschungskolleg wurde von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in Kooperation mit der Hochschule für Polizei und Verwaltung NRW organisiert und vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen als eines von mittlerweile zwölf Projekten im Rahmen der Forschungsstrategie Fortschritt NRW mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert. Die Laufzeit des Forschungskollegs verlief in zwei Förderphasen inklusive einer coronabedingten Verlängerung der zweiten Phase von Oktober 2014 bis März 2023. Pro Phase arbeiteten jeweils rund ein Duzend Doktorand*innen an der Beantwortung der leitenden Fragestellung.
Die Beteiligung von Bürger*innen an für sie relevanten politischen und administrativen Entscheidungen stellt eine zentrale Herausforderung für eine Demokratie dar. Die Konflikte um „Stuttgart 21“ und das Scheitern der Schulreform in Hamburg im Jahr 2010 sind zwei besonders bekannte Beispiele für die Forderung von Bürger*innen nach einer stärkeren Partizipation. Diesen prominenten Beispielen zeigten, dass demokratische Repräsentation alleine nicht immer ausreichend für eine nachhaltige Weiterentwicklung unserer Gesellschaft war und dass Betroffene weitergehende und frühzeitige Beteiligung einfordern. Das Internet bietet die Möglichkeit, eine solche Teilhabe in Form von Online-Partizipation zu realisieren. Trotz ihrer erheblichen Potentiale wurde diese Form der Partizipation nur punktuell in der Praxis eingesetzt. Darüber hinaus führte Online-Partizipation – dort wo sie bereits in der Praxis eingesetzt wurde – bis dato nur zum Teil zu den erhofften Ergebnissen. Im NRW-Forschungskolleg Online-Partizipation forschten angehende und erfahrene Wissenschaftler*innen, um die Eigenschaften von Online-Partizipation besser zu verstehen und ihr Potential zielgerichtet zu erschließen.
Das Forschungskolleg verfolgte dabei drei zentrale Ziele:
- Die Entwicklung eines interdisziplinären wissenschaftlichen Fundaments für Online-Partizipation.
- Die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftler*innen auf strukturierte Weise, so dass sie Online-Partizipation in einem inter- und transdisziplinären Team in allen relevanten Aspekten wissenschaftlich analysieren und in der Praxis umsetzen und gestalten können.
- Die schrittweise Vernetzung zwischen den Praxisakteur*innen von Online-Partizipationsprojekten, Anbieter*innen für Online-Partizipationslösungen und Wissenschaftler*innen.
Im Rahmen des Kollegs haben Kollegiat*innen selbständig übergreifende Forschungsprojekte organisiert und durchgeführt. In der ersten Kohorte handelte es sich dabei um eine Studie, die den Stand der Online-Partizipationsangebote in NRWs Kommunen erstmals systematisch erhoben hat (DIIID-Monitor). Diese Kollegsstudie wurde mittlerweile in das DIID überführt und wird unter dem Label „DIID Monitors Online-Partizipation NRW“ weitergeführt.
Die von sechs Kollegiat*innen im Oktober 2020 durchgeführte und durch die Koordination unterstützte Studie mit der Leitfrage „Wie hat die Coronapandemie die Digitalisierung beeinflusst?“ richtete den Blick auf Digitalisierung der Kommunalverwaltung Nordrhein-Westfalens (NRW) im Kontext der Corona-Pandemie. Die erhobenen Daten lassen Rückschlüsse auf den Stand und die Entwicklung der Verwaltungsdigitalisierung vor, während und nach der Corona-Pandemie zu. Die Ergebnisse zeigen, dass die Corona-Pandemie Digitalisierungsprozesse in NRWs Kommunalverwaltungen vorangetrieben hat. Die Studie wurde in „VM Verwaltung und Management“ des Nomos Verlags veröffentlicht.
Weitere Leuchtturm-Projekte, die direkt aus dem Kontext des Forschungskollegs Online-Partizipation entstanden sind, sind das Projekt „Wirkungen und Einflussfaktoren kommunaler Online-Partizipation in vergleichender Perspektive“ sowie die Entwicklung des Dialogbasierten Argumentationssystems „D-BAS“.
Einen der größten Erfolge des Kollegs stellt allerdings die Gründung des Düsseldorf Institut for Internet and Democracy (DIID) dar. Diese Gründung wäre ohne das Forschungskolleg (aus dem sich zahlreiche Gründungsmitglieder rekrutierten) nicht denkbar gewesen. Die Nähe zum Kolleg wird auch aus dem Auftrag des DIID ersichtlich, nämlich die Potentiale des Internets für demokratische Innovationen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einem inter- und transdisziplinären Verbund zu analysieren und zu entwickeln. Das NRW-Forschungskolleg Online-Partizipation ist Geschichte; das DIID geht weiter. Für Fragen rund um das Forschungskolleg steht der ehemalige Kollegskoordinator und jetziger Koordinator des DIID Dr. Dennis Frieß zur Verfügung. Eine PDF-Version des Rückblicks findet sich hier.
Ansprechpartner
Dr. Dennis Frieß (Koordinator)
DIID-Team, Kommunikationswissenschaft, Vorstand
Dr. Dennis Frieß ist Koordinator des DIID. Seit Mai 2019 war er Koordinator des NRW-Forschungskollegs Online-Partizipation. Von 2014 bis 2019 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft III an der HHU-Düsseldorf sowie Mitarbeiter am DIID. Er studierte Sozialwissenschaften, Rechtswissenschaften und Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt (B.A.) und Politische Kommunikation in Düsseldorf (M.A.). In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit der Analyse deliberativer Online-Öffentlichkeiten. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der politischen (Online-)Kommunikation, Online-Deliberation und Online-Partizipation.
Am DIID gilt sein Interesse vor allem onlinegestützten Deliberationsprozessen und den demokratierelevanten Erwartungen, die mit Online-Partizipationsangeboten verknüpft sind.