In den letzten Jahren wurden von der europäischen bis auf die Landesebene zahlreiche Strategiepapiere zur Entwicklung der Digitalisierung und der sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI) veröffentlicht. Allen gemein ist die Absicht einer stärkeren Orientierung am Menschen und am Gemeinwohl. Nimmt die Politik ihren eigenen Anspruch ernst, ist sie auf die Unterstützung einer aktiven und aufgeklärten Zivilgesellschaft angewiesen, die mündig und selbstbestimmt Ihre Bedürfnisse und Ideen in die Gestaltung von Digitalisierungspolitik einbringt.
Andernfalls bleiben Entwicklung und Durchsetzung der KI-Technologien der interessierten Industrie vorbehalten, deren primäres Ziel Gewinnmaximierung und Effizienzsteigerung ist. Studien aus den USA und aus Großbritannien zeigen, dass die öffentliche Debatte bislang stark von der Industrie dominiert ist (Brennen et al. 2018; Fast & Horvitz 2017). Dabei argumentieren diese Akteure aus Ihrer ganz spezifischen Logik heraus. Für den deutschen Diskurs liegen bislang keine systematischen Erkenntnisse vor. Diese Lücke soll der Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz [MeMo:KI] schließen. In Forschungspartnerschaft mit dem Center for Advanced Internet Studies (CAIS) erforscht ein Team von Kommunikations- und Sozialwissenschaftler*innen um Prof. Dr. Frank Marcinkowski die Konstitution und Veränderung öffentlicher sowie in den Medien veröffentlichter Meinungen zu KI.
Das Projekt ist von der Annahme getragen, dass die Realisierung eines umfassenden gesellschaftlichen Gestaltungsanspruchs einer Politisierung der Thematik bedarf. Das heißt zunächst, dass das Thema KI und Digitalisierung als Gegenstand der politischen Auseinandersetzung und Willensbildung anerkannt wird. Forschung aus anderen Themenfeldern wie der EU-Politik (u.a. De Wilde, 2011; Schattschneider, 1957) zeigt, dass drei Bedingungen erfüllt sein müssen: (1) das Vorhandensein alternativer Positionen in der öffentlichen Debatte (Polarisierung); (2) breite mediale Aufmerksamkeit, die für eine Popularisierung von Themen und Verbreitung verschiedener Positionen sorgt (Intensität); sowie (3) gesellschaftliche Aufmerksamkeit für ein Thema und wahlentscheidende Bedeutung (Resonanz). Ein treffliches Beispiel für eine solche Entwicklung bildet die jüngste Themen- und Politkarriere des Klimawandels. Inwiefern es bei KI einen vergleichbaren Verlauf geben wird, wird im MeMo:KI durch eine systematische Beobachtung der öffentlichen und veröffentlichten Meinung erfasst. Weitere Informationen zum Projekt finden sich hier.
Die Untersuchung erfolgt mit einer Kombination verschiedener empirischer Methoden. Dabei kommen sowohl altbewährte Methoden sozialwissenschaftlicher Forschung wie Medieninhaltsanalysen und Befragungen als auch neue computergestützte Verfahren zum Einsatz:
- Ein kontinuierliches Monitoring des Interesses an KI, relevanter Meinungen sowie von intendiertem Verhalten erfolgt über eine monatlich stattfindende Befragung der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahre, die mindestens gelegentlich das Internet nutzt. Darüber hinaus werden in Sonderbefragungen aktuelle und spezifische Fragestellungen rund um KI behandelt.
- Parallel dazu wird eine teilautomatisierte Themenanalyse der Medienberichterstattung durchgeführt. Damit lassen sich Verläufe in öffentlicher und veröffentlichter Meinung zu KI abbilden. Im Weiteren werden die Erkenntnisse mit manueller Inhaltsanalyse vertieft und damit unter anderem der Tenor der Berichterstattung oder die Akteursstrukturen untersucht.
Seit April 2021 wird das Projekt durch die Stiftung Mercator für eine Laufzeit von drei Jahren gefördert.
Zuvor hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen das Projekt für eine Laufzeit von Januar 2020 bis März 2021 gefördert.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Frank Marcinkowski
Kommunikationswissenschaft
Frank Marcinkowski ist seit Oktober 2017 Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft (KMW I) am Institut für Sozialwissenschaften der HHU-Düsseldorf. Zu seinen Forschungs- und Lehrgebieten gehören Kommunikations- und Öffentlichkeitstheorien, Politische Kommunikation sowie die gesellschaftlichen Folgen von Medienentwicklungen.
Am DIID gilt sein Interesse der gesellschaftlichen Wahrnehmung, Bewertung und Meinungsbildung der Digitalisierung.
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Dr. Christopher Starke
Alumni, Kommunikationswissenschaft
Christopher Starke leitet gemeinsam mit Kolleg:innen der HHU-Düsseldorf die beiden Drittmittelprojekte ‚Discourse Data for Policy‘ und ‚Responsible Academic Performance Prediction‘. Er ist seit 2021 als Post-Doc an der Amsterdam School of Communication Research sowie am interdisziplinären Forschungsverbund Human(e) AI der Universität Amsterdam angestellt.
In seiner Forschung untersucht er die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Demokratie. Dazu gehören u.a. die folgenden Forschungsfelder: Wahrnehmungen von Fairness, Legitimität und Technokratie in Bezug auf algorithmische Entscheidungssysteme im öffentlichen Sektor; Potentiale und Herausforderungen von KI zur Bekämpfung von Korruption; politische Konsumentscheidungen in der Aufmerksamkeitsökonomie.
Pero Došenović
Alumni, Kommunikationswissenschaft
Pero Došenović arbeitet seit 2023 als Referent der Geschäftsführung am Center for Advanced Internet Studies. Zuvor hat er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Koordinator des „Kompetenzzentrum Medienpraxis“ mit Schwerpunkt auf Angewandte Markt- und Meinungsforschung an der Universität Münster sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HHU-Düsseldorf am Lehrstuhl Kommunikations- und Medienwissenschaft I gewirkt.
Er hat unter anderem von 2020 bis 2022 im von der Stiftung Mercator geförderten Projekt „Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz“ an der öffentlichen Wahrnehmung Künstlicher Intelligenz geforscht.
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Birte Keller
Kommunikationswissenschaft
Birte Keller ist seit Januar 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaft I der HHU-Düsseldorf. Sie studierte zunächst im Bachelorstudiengang Sozialwissenschaften, später dann Politische Kommunikation an der HHU-Düsseldorf. Im Jahr 2019 arbeitete sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl von Prof. Dr. Marcinkowski und unterstützte dort das Projekt „Fair Artificial Intelligence Reasoning in Higher Education“ im Rahmen der Projektreihe „Künstliche Intelligenz – Ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft von morgen“ der VolkswagenStiftung. Darauf aufbauend beschäftigte Sie sich in Ihrer Masterarbeit mit Wahrnehmungen zu Künstlicher Intelligenz in der Hochschulbildung.
Zurzeit wirkt sie am Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz [MeMo:KI] mit, der in Forschungspartnerschaft mit dem Center for Advanced Internet Studies (CAIS) realisiert wird.
Kimon Kieslich
Alumni, Kommunikationswissenschaft
Kimon Kieslich, M. A., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Amsterdam im Fachbereich Informationsrecht. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Kommunikations- und Medienwissenschaft I der HHU-Düsseldorf und im Forschungsprojekt Meinungsmonitor Künstliche Intelligenz [MeMo:KI] tätig. Er studierte Kommunikationswissenschaft (B.A. & M.A.) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Bevölkerungsmeinung zu KI, der Medienberichterstattung über KI sowie den ethischen und sozialen Auswirkungen von (zukünftigen) KI-Technologien auf die Gesellschaft.
Insbesondere interessieren ihn dabei folgende Forschungsfelder: Gemeinwohlorientierte KI; Legitimationswahrnehmungen von algorithmischen Systemen; Mensch-Maschine Interaktion und die Antizipation von KI-Auswirkungen auf die Gesellschaft.